Made by Shiffer

Der talentierte Produzent, Künstler und DJ Patrik Schifferle alias Shiffer redet im Rochade Portrait über seine ersten Schritte im Nachtleben und seine Faszination für elektronische Musik. Die vielfältige, künstlerische Betätigung hat er über die Jahre immer mehr verfeinert und inzwischen zeichnet er sich nicht nur durch hochklassige Releases aus, sondern entwirft nebenbei gleich auch noch unglaublich beeindruckende Covers und Artworks für andere Musiker*innen und diverse Events. Im Gespräch erzählt er von seinen Eindrücken der Basler Clubszene, seiner Inspiration und dem Traum einer geeinten Nachtkultur.

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rochade exclusive portrait about basel based dj and producer shiffer aka patrick schifferle (siamese)

Pünktlich, auf den Takt genau, trifft Shiffer an einem grauen Montagnachmittag auf dem Areal an der Lehenmattstrasse ein. Sein Auftreten ist bezeichnend für das Gespräch das folgt: Zielstrebig und fokussiert. Es ist aber auch bezeichnend für den Werdegang den Shiffer hingelegt hat.

Bei einer Flasche Mate und diesigen Temperaturen machen wir es uns im Garten der Kaschemme Basel gemütlich. Die Natur übernimmt dort Überhand, wo sonst laute Bässe und Stimmengewirr herrschen, um Kunst und Kultur ist es still geworden. Patrik Schifferle, wie Shiffer gebürtig heisst, bildet glücklicherweise eine Ausnahme. Um ihn wird es fast nie ruhig, Musik prägt seinen Alltag viel zu fest, als dieser Fall eintreffen könnte. So sind auch seine Antworten auf Fragen niemals banal und erzählen eine grosse Geschichte.

shiffer portrait rochade basel

Seine Geschichte beginnt in Bubendorf, einer kleinen Ortschaft im Baselbiet. Sie beginnt auch mit seinen Freunden aus der Kindheit und einer Nacht auf dem Schiff. Dort macht Shiffer seine erste Erfahrung mit dem Nachtleben. Fasziniert von der ausgelösten Energie der Musik, der tanzenden Menge und den DJ’s, beschliesst er, dass er mehr davon will. Darauf folgen bald die ersten Plattenspieler, Schulhauspartys, diggen nach neuer Musik und die ersten echten Clubauftritte. Zusammen mit seinem besten Freund Oliver Spiess bildet Shiffer das Duo Spiess n’ Schiffer. Damals eher der Houseszene zuzuordnen, spielten die beiden als Residents im alten Nordstern am Voltaplatz und in weiteren angesagten Lokalen der Stadt.

Dem Ruf eines DJ’s eilt eine gewisse exzentrische Persönlichkeit voraus. Das Rampenlicht, die späten Stunden, die vorgelebte Ausgelassenheit. All das erfüllt Shiffer in manchen Momenten nicht mit Zufriedenheit. Er will mehr Kreativität, mehr Produktivität, mehr Freude. So kommt es, dass er sich aus der DJ-Booth zurückzieht. Ein Rückzug ins Studio mit weitgehenden Folgen. Abgesehen von hämischen Kommentaren und Unverständnis bringt dieser Rückzug jedoch neue, produktive Energie. In den folgenden Jahren widmet er sich der Produktion seiner Musik, mit Perfektionismus und der ihm eigenen Zielstrebigkeit.

Shiffer macht viel, am liebsten mit allen aber nicht überall und nicht auf jeder Hochzeit. Neben der Musik hat er sich selbstständig gemacht und betreibt mit Schifferle VisKom sein eigenes Büro für visuelle Kommunikation. Er gestaltet unter anderem die Covers des Schweizer Musik Labels Siamese auf dem er auch seine Musik veröffentlicht. Durch diese Zusammenarbeit entstanden nachhaltige Freundschaften welche spannende Dynamiken und Verbindungen ergeben. Das entspricht ihm und das lebt er. Die Freundschaft mit den beiden Labelheads hinter Siamese besteht schon lange, nebst der persönlichen Beziehung passen aber vor allem die Stilarten der dreien zusammen, der Qualitätsanspruch ist deckend. 

Qualität, welche heutzutage nicht überall gegeben ist. Zu oberflächlich ist der Zugang zu einem digitalen Release in der elektronischen Musik, zu wirtschaftlich ist der Umgang der Branche mit Artists und Partygänger*innen. Die Realness geht Stück für Stück verloren, eine Realness welche Shiffer stehts als wichtiges Element beschreibt. Die Wertverteilung zwischen Social Media, Festivals, guten Artists und dem zahlenden Kunden ist nicht mehr verhältnismässig und schon beinahe giftig. Umso wichtiger ist somit auch, auf welchen Labels Shiffer released und welche für ihn nicht zu ihm passen. Siamese & Innervisions sind für Shiffer die richtigen Orte, an welchen er sich entfalten kann. Das Berliner Label findet den optimalen Mittelweg zwischen den oben genannten Wertvorstellungen, der Artist steht im Mittelpunkt, ohne dass das Label an Identität verliert.

Mittlerweile hat Shiffer auf diversen namhaften Labels wie Exit Strategy, Siamese und eben Innervisions released. Mit “Magnum” und “Voodoo Robotics” erschienen erst vor kurzem zwei prägende Tracks welche seinen Sound perfekt repräsentieren. Ein gewisser Romantizismus gepaart mit überraschenden Elementen und treibender Kraft.

Zu seinem ersten Release kommt es jedoch auf eine ganz andere Art und Weise, fast eher durch (erzwungenes) Glück als durchdachte Strategie. Martin Buttrich ist damals zu Gast im Nordstern, der Abend wird von Adriatique organisiert. Bei Buttrich jedoch funktioniert das Interface nicht. Als Residents im Club und mit demselben Equipment ausgestattet, leihen Spiess n' Shiffer dem Mainact ihre Utensilien für eine Nacht und machen den Auftritt so möglich. So kommt es auch, dass die beiden Freunde den Hosts des Abends ihre Tracks zusenden. Adrian und Adrian sind begeistert und möchten einen davon auf ihrem neu gegründeten Label Siamese releasen. So entsteht die Freundschaft und so wird sein Track veröffentlicht. Monate zuvor war er noch als Gast an ihren Partys. Die ersten Träume und Ziele werden wahr.

shiffer im studio rochade basel portrait foto by twood

Seine Beziehung zur Stadt Basel ist seit jeher speziell, zu sehr fehlt ihm die Loyalität innerhalb der Szene, welche andere Städte auszeichnet. Von einer Szene zu sprechen, ist deshalb schon fast der falsche Begriff. Es gibt Personen, Unternehmen und Institutionen, die fördern und arbeiten, zu wenig wird jedoch untereinander getan. Mögliche Faktoren sind das Überangebot, welches die letzten 10 Jahren herrschte. Headliner nach Headliner, Wochenende für Wochenende. Wie kann da die Wertschätzung an lokale Artists wachsen? Jene Acts, welche unzählige Intros und Closings gespielt haben, doch spätestens nach den ersten Minuten des eingeflogenen Superstars vergessen gehen. Eine Entwicklung welche Shiffer, der bestens vernetzt ist, den Clubbesitzer*innen vorwirft. Trotzdem schätzt er, was er hier hat. Zu oft schaut man ins Ausland, obwohl das Gute vor der Haustüre liegt. 

Ein Wunsch seinerseits, wäre es ein Festival zu organisieren, welches alle Teilhaber*innen dieses Kuchens zusammen entwerfen. Ein Abbild der Vielfalt in der Region, ohne Vorurteile, Allüren und Neid. Diese Bodenständigkeit zeichnet ihn aus, von Abgehobenheit ist nichts zu spüren und dass obwohl er mittlerweile mit den ganz grossen im Business direkten Kontakt hat. Nicht des Geldes oder der Berühmtheit wegen, sondern aus Leidenschaft und Zielstrebigkeit für die Musik.

Beim schreiben dieser Worte höre ich mir sein Set vom vergangenen Frühling an, “The World is cancelled”. Menschen wie Patrik machen diesen Vorgang rückgängig; The world is not cancelled. 

Am 16.4. erscheint auf Siamese Records seine neue EP “Black Ballad”. Produziert in einer nicht ganz einfachen Zeit, bildet die EP sein Können auf wunderbare Art und Weise ab. Divers und zugleich tief und nie banal.

Die EP kannst du dir hier vorbestellen:
SIAMESE020 / Black Ballad by Shiffer